Sommerinterview mit dem Maintal Tagesanzeiger

05.08.2020

Die städtischen Finanzen immmer im Blick.

Unser Fraktionsvorsitzender Thomas Schäfer hat mit dem Maintal Tagesanzeiger in der Reihe der Sommerinterviews gesprochen. Die Fragen stellte Carolin-Christin Czichowski.

Wie bereitet sich die Maintaler FDP auf die anstehenden Wahlen vor?

Wir bereiten uns im Hintergrund schon sehr aktiv auf die Wahlen vor. Wir werden Ende August unsere Liste aufstellen und über unser Programm beraten. Ob wir das in einem Rutsch schaffen, werden wir sehen. Denn wir haben vor, ein sehr ausführliches Wahlprogramm aufzubereiten. Die Schwierigkeit ist natürlich zurzeit, dass sich in der Corona-Krise jeden Tag die Situation ändert und das Programm soll natürlich möglichst aktuell sein. Aber auch da sind wir derzeit mitten in den Vorbereitungen. In die Beratungen werden wir unsere Mitglieder einbinden und hoffen, zum Schluss ein gutes Programm zu haben, das bei den Wählern Anklang finden wird.

Können Sie schon ein paar Themen anreißen, die sich in dem Programm wiederfinden werden?

Wir haben vier, fünf Themen, die für uns zentral sind. Das ist erste Thema sind die städtischen Finanzen, die über das Wohl und Weh der Stadt bestimmen. Das Thema Mobilität wird eine Rolle spielen. Dabei ist es uns wichtig, dass alle Mobilitätformen gleichberechtigt behandelt werden. Das Thema Stadtentwicklung hat uns schon in dieser Legislaturperiode beschäftigt und das wollen wir auch in der nächsten weiter ausbauen. Kitas sind ein zentrales Thema, weil es eine der wichtigsten städtischen Leistungen ist, die man ansprechen muss als Partei vor Ort. Das sind die zentralen Themen, um die es in unserem Wahlprogramm gehen wird. Drumherum rankt sich natürlich auch noch anderes, wie etwa Vereinswesen, das bürgerschaftliche Engagement, der Sozialbereich, der Umweltschutz und so weiter.

Sie haben die städtischen Finanzen als eines der zentralen Themen genannt. Die Maintaler FDP ist bekannt dafür, die städtischen Finanzen immer im Blick zu haben und bei Ausgaben und Investitionen darauf zu drängen, Prioritäten zu setzen. Warum ist das so und sehen Sie sich durch die Corona-Krise in Ihrem Vorgehen bestätigt?

Die Corona-Krise hat schon gezeigt, wie schnell sich eine positive Situation in eine negative Situation verändern kann. Das war auch immer der Grund, dass ich gemahnt habe, daran zu denken, wie schnell etwas kippen kann. Sie erinnern sich da vielleicht an meine letzte Haushaltsrede. Insoweit fühlen wir uns natürlich schon bestätigt, und wir sehen es nicht so optimistisch wie beispielsweise die Bürgermeisterin oder auch andere Fraktionen, die sagen, die Stadt sei gut aufgestellt. Ja, sie hat im Vergleich zu anderen Kommunen ein finanzielles Polster, aber diese Polster ist sehr schnell weg. Und wir haben unter anderem dadurch zu diesem Polster beigetragen, dass kurzfristig wir 10 Millionen zusätzliche Schulden aufgenommen haben, die wir sonst wahrscheinlich gar nicht aufgenommen hätten. Und deswegen sagen wir: Lasst und hingucken, was die Schwerpunkte sind und uns darum kümmern. Das Thema Kita ist da sicherlich eines der wichtigsten in der städtischen Infrastruktur. Aber bei allem anderen sollten wir uns die Frage stellen: Müssen wir sofort bauen? Es wird immer gesagt, dass Schulden nichts kosten würden, aber am Ende müssen sie bezahlt werden. Und im Zweifel müssen sie von unseren Kindern bezahlt werden. Das ist der eine Punkt. Der andere ist: Die Bauindustrie ist sicherlich nicht die, die von der Krise am härtesten getroffen ist. Das heißt, die verträgt es schon, wenn man eine Investition vielleicht mal um ein oder zwei Jahre nach hinten verschiebt. Uns geht es ja nicht darum, alles zu verhindern. Wir sollten uns nur öfter die Frage nach der Dringlichkeit stellen. Müssen wir Dinge jetzt angehen, können wir es auch später machen oder vielleicht doch ganz anders? Beispiel Schwimmbad: Wir brauchen eins, unbestritten. Aber muss es das volle Schwimmbad mit Freibad und allem Drum und Dran sein, oder kann es vielleicht auch nur ein Hallenbad mit Wiese draußen sein? Darüber kann man ja diskutieren. Bei allem ist unser Ansatz: Lasst uns drüber reden, lasst uns hinschauen und lasst uns Schwerpunkte setzen. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir gemerkt, dass andere Fraktionen das ganz anders gesehen haben und das bereitet uns große Sorge.

Sie haben gesagt, man müsse Schwerpunkte und Prioritäten setzen – gerade auch, wenn es um Investitionen geht. Bei welchen Themen sehen Sie denn gerade dringenden Handlungsbedarf?

Wir brauchen mehr Kitas, weil der Bedarf groß ist und weiter steigen wird. Und gerade die Bildung der Jüngsten in unserer Stadt ist mit das wichtigste, was wir machen müssen. Dafür brauchen wir auch das entsprechende Personal. Bei der Frage nach der Finanzierung sehen wir es anders als die SPD, die eine kostenfreie Betreuung für die Kinder fordert. Im Ü-3-Bereich sind die ersten sechs Stunden pro Tag bereits kostenfrei. Darüber hinaus kann man weitere Stunden kostenfrei zur Verfügung stellen, muss man aber nicht. Ich glaube, dass wir mit der Staffelung der Kita-Gebühren, wie wir sie in Maintal anwenden, ein sehr gutes Instrument, das für die Familien eigentlich gerecht ist. Unser Ansatz wäre dann vielmehr, die Familien mit Kindern unter drei Jahren zu entlasten und auch denen sechs Stunden kostenlose Betreuung pro Tag zur Verfügung zu stellen. Aber grundsätzlich gibt es auch hierbei wieder viele Varianten, über die man nachdenken und die man diskutieren muss – auch innerhalb der Fraktionen. Wir in der FDP haben zu diesem Thema auch noch kein abgeschlossenes Meinungsbild.

Nochmal zurück zu den Kommunalwahlen: Die FDP hat sechs Stadtverordnete und ein Magistratsmitglied. Mit welchem Ziel gehen Sie in den Wahlkampf?

Wir hatten bei den letzten Wahlen zwölf Prozent. Das war natürlich ein Bomben-Ergebnis und wir werden uns sehr stark anstrengen müssen, um dieses Ergebnis zu halten und wenn’s geht auch auszubauen. Aber wir wissen natürlich auch um dieses besondere Ergebnis. Bei der Wahl davor hatten wir etwas über vier Prozent und entsprechend nur zwei Stadtverordnete. Im Schnitt hatte die FDP aber immer drei bis vier Stadtverordnete in Maintal. Insofern war das Ergebnis bei den letzten Wahlen natürlich herausragend. Aber es ist für uns Ansporn und wir sind ehrgeizig, es wieder zu erreichen oder es auszubauen. Denn wir glauben, dass wir eine Politik, machen, die im Kontrast zu vielen anderen Fraktionen steht.

Haben Sie denn auch das Personal im Hintergrund, sollten Sie das Ergebnis von den letzten Wahlen im Frühjahr ausbauen?

Wir sind ja bereits dabei, die Liste zusammenzustellen und diese wird meiner Meinung nach größer sein als die letzte. Die letzte Liste hatte 20 Kandidaten und ich bin zuversichtlich, dass wir dieses Jahr wesentlich mehr Kandidaten haben werden. Wir haben einige neue Mitglieder in Maintal gewinnen können, die sich auch engagieren wollen. Wir setzen aber nicht nur auf Parteimitglieder, sondern auch auf Nichtparteimitglieder, die mit auf unsere Liste wollen. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir eine attraktive Liste – bunt gemischt, viele Frauen und auch einige Jüngere – zusammenbekommen werden.

Ihre Partei hatte Anahit Schäfer bei der zurückliegenden Stadtratswahl nominiert. Das Rennen hat letztlich Karl-Heinz Kaiser (SPD) gemacht – aber ist es das Ziel der FDP, mittel- oder langfristig einen Posten im Hauptamt zu besetzen und somit im Magistrat mitzuwirken?

Wir sind durch Anahit Schäfer bereits ehrenamtlich im Magistrat vertreten, und es ist auch unser Ziel, das im nächsten Jahr wieder zu sein. Darüber hinaus muss man sehen, wie die Konstellationen nach den Kommunalwahlen sein wird. Ich persönlich vermute, dass sich einiges so ändern wird, dass zwei Parteien alleine nicht mehr in der Lage sein werden, eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung zu stellen – auch die beiden großen nicht. Stattdessen wird sich das Ergebnis wesentlich stärker differenzieren. Und dann muss man schauen, wie letztlich die Zusammenarbeiten laufen. Wir haben jetzt einen frisch gewählten Stadtrat, der eine sehr respektable Persönlichkeit ist und wo ich mir auch gewünscht hätte, dass er von seiner Partei viel früher vorgeschlagen worden wäre. Denn dann hätten wir bei der gesamten Wahl eine ganz andere Entwicklung gehabt. Er wird einen guten Job machen, davon gehe ich aus. Und ich gehe auch fest davon aus, dass er weiß, dass er für die Stadt und nicht als Erfüllungsgehilfe von SPD-Politik gewählt worden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt gehe ich davon aus, dass es auch bei der Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr einen Kandidaten von der FDP geben wird. Wir haben schon den Anspruch, im Magistrat mitzugestalten – im Ehrenamt und möglicherweise im Hauptamt.

Welche Anforderungen hat Ihre Fraktion an den mit Herrn Kaiser neu gebildeten hauptamtlichen Magistrat?

Herr Kaiser ist nicht nur eine respektable, sondern vor allem auch eine sehr erfahrene Person. Er hat in seiner Funktion als Stadtverordnetenvorsteher immer den Kontakt zu den Fraktionen gesucht, und insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass diese Gesprächsfäden auch in seiner neuen Position weiterlaufen werden. Denn am Ende des Tages geht es ihm genauso wie uns als FDP, aber meiner Überzeugung nach auch allen anderen Fraktionen, immer darum, die besten Lösungen für Maintal zu finden.

Mit seinem Wechsel ins Hauptamt wird demnächst auch der Posten des Stadtverordnetenvorstehers frei. Wird es dafür einen Kandidaten der FDP geben?

Es ist parlamentarische Tradition, dass die stärkste Kraft den Vorsitzenden stellt. Aber das ist kein Selbstläufer – auch nicht für die SPD. Zum einen ist klar, dass es eine geheime Wahl ist, die jeder Stadtverordnete für sich selbst entscheiden muss, ob die vorgeschlagenen Personen sein Vertrauen genießen. Und zum anderen ist die Rolle des Stadtverordnetenvorstehers schon eine sehr gewichtige, nämlich das Parlament zu repräsentieren und zusammenzuführen. Aus unserer Sicht muss in dieser Position schon eine Person sein, die das im Blick hat und die die Position nicht für andere Ambitionen nutzt. Insofern werden wir uns ganz genau anschauen, wen die SPD vorschlägt, und wen eventuell auch die eine oder andere Fraktion nominiert. Ob es angebracht ist, dass die FDP als eher kleinere Fraktionen jemanden als Stadtverordnetenvorsteher unter den aktuellen Konstellationen vorschlägt, weiß ich nicht. Das macht man üblicherweise nicht.

Aber es würde in erster Linie darauf ankommen, wen die SPD und gegebenenfalls auch andere Fraktionen nominieren?

Richtig. In erster Linie schauen wir uns an, wen die SPD vorschlägt.

Stichwort Nachwuchsgewinnung: Wie läuft das bei der FDP – gerade auch im Hinblick auf die anstehenden Wahlen?

Nachwuchsgewinnung ist für Parteien insgesamt etwas sehr Schwieriges. Da sucht jeder so nach seinem richtigen Rezept. Wir haben ein paar Jüngere bei uns dabei, die sich engagieren. Aber es geht uns natürlich wie allen anderen Parteien auch: Wir sind keine Universitätsstadt und auch keine Großstadt, da haben es die Parteien etwas leichter, Nachwuchs zu finden. Nichtsdestotrotz haben wir ein paar jüngere Mitglieder, die wir versuchen, mit einzubinden. Eine weitere Entwicklung, die ich beobachtet habe und auch aus meiner eigenen Erfahrung weiß: In Jugendverbänden der Parteien kümmert man sich sehr viel um bundespolitische Themen, ein wenig um landespolitische, aber kaum um kommunalpolitische. Wir als Ortsverband machen aber hauptsächlich Kommunalpolitik. Das heißt, die Interessenssphären sind erst einmal ganz andere. Und erst dann, wenn man irgendwo sesshaft wird, wenn man irgendwo sein Nest findet und dort auch länger bleiben will, beginnt man, sich vor Ort zu engagieren. Und dann ist man eben auch schon ein bisschen älter. Deshalb: Wichtig ist es definitiv, Nachwuchs zu gewinnen. Man sollte es aber nicht um jeden Preis versuchen, gerade in kleineren Städten oder Gemeinden. Denn das wird meiner Meinung nach nicht gelingen. Für mich ist es wichtiger, die zu gewinnen, die hier leben, sich hier engagieren. Das gelingt uns immer wieder an einigen Stellen ganz gut und dadurch haben wir auch schon den einen oder anderen Neuzugang gewonnen, der sich einbringt – viele auch hinter den Kulissen.