Maintal verdient ein sauberes Wahlverfahren
Begründung zum Antrag auf Einsetzung eines Wahlvorbereitungsausschusses von unserem Fraktionsvorsitzenden Thomas Schäfer
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
die FDP-Fraktion legt der Versammlung einen Antrag zur Einsetzung eines Wahlvorbereitungsausschusses vor. Wir möchten,
- dass die Wahl eines neuen Stadtrates sorgfältig vorbereitet wird,
- dass die Wahl eines neuen Stadtrates bis Dezember erfolgen kann,
- dass der amtierende Stadtrat noch bis Ende März 2020 im Amt bleibt, sofern bis dahin kein neuer Stadtrat sein Amt antreten kann, oder er selbst nicht erneut für dann 6 Jahre gewählt wird.
Warum beantragt die FDP die Einsetzung des Wahlvorbereitungsausschusses?
Nun zunächst einmal hat bisher keine andere Fraktion einen Antrag gestellt, weder auf Wiederwahl, noch auf Einsetzung eines solchen Ausschusses. Viele Fraktionen hier im Hause haben sich schon lange positioniert, aber keine hat bisher es für notwendig erachtet, den von der Hessischen Gemeindeordnung vorgesehenen Prozess in Gang zu setzen, so dass wir zwischen sechs und drei Monaten vor Ablauf der Amtszeit von Hr. Sachtleber entscheiden können, wie es mit dieser Position weiter geht. Deshalb haben wir die Initiative ergriffen, dem Recht wenigstens im Grundsatz Geltung zu verschaffen. Wir werden jedenfalls nicht die Wahl solange verschleppen, bis es eine für die eigene Partei günstige Konstellation eintritt, beispielsweise nach der nächsten Kommunalwahl, worauf einige Stadtverordnete spekulieren.
Und eines an die Adresse von Grünen und WAM: Wenn Sie sich so sehr für die Wiederwahl von Hr. Sachtleber einsetzen, dann hätten Sie dies hier und heute zur Entscheidung bringen können. Sie wussten lange genug, dass das Thema heute auf die Tagesordnung kommt. Für eine seitenlange Abhandlung über den Klimanotstand finden Sie ausreichend Zeit, aber um den schlichten Satz „Die Stadtverordnetenversammlung wählt den ersten Stadtrat Ralf Sachleber wieder.“ auf ein Blatt Papier zu bringen, haben Sie keine Zeit. Dann hätten wir heute Klarheit. Sollen wir etwa im September eine Ausschreibung auf den Markt bringen und dann alles wieder abblasen, oder wie stellen Sie sich das vor? Mit dieser Verschleppungstaktik beweisen Sie, wo sie ihre populistischen Prioritäten setzen. Mit diesem Verhalten schaden Sie der Person Sachtleber weit mehr, als alle, die ihm ehrlich sagen, dass sie sich nach Alternativen umschauen wollen.
Warum wollen wir eine Stadtratswahl und keine Wiederwahl?
Zunächst möchte ich festhalten, dass der amtierende Stadtrat Ralf Sachtleber in seiner Amtszeit ein hohes Engagement zeigt und viel für die Stadt bewegt. Im Bereich Asylbewerber und Integration hat er eine vorbildliche Arbeit geleistet. Seine Konzepte haben wir intensiv diskutiert. Wir haben auf Grundlage seiner Vorlagen viel beschlossen, mal im Einklang mal im Dissens. Ich nenne das Stadtentwicklungskonzept und den Verkehrsentwicklungsplan. Anders als für andere Fraktionen hier im Haus sind diese Konzepte für uns keine faulen Kompromisse, sondern ausgewogene Leitlinien für die Entwicklung unserer Stadt.
Ganz nebenbei: Wer das Ergebnis intensiver Diskussionsprozesse in der Verwaltung und im Magistrat, in der Stadtverordnetenversammlung, mit Bürgerbeteiligungen im großen Stil, als faulen Kompromiss abqualifiziert, nimmt sich selbst aus einer offenen Debatte raus. Demokratie lebt vom Austausch der Meinungen, aber auch von der Fähigkeit, Kompromisse zu schließen. Warum sollen wir andere Fraktionen künftig noch einen Kompromiss mit der SPD suchen, wenn dieser aus Sicht der SPD es nicht wert ist, weiter verfolgt zu werden?
Ralf Sachtleber ist jetzt fast genauso lange Stadtrat, wie Angela Merkel Bundeskanzlerin ist. Und so wie viele sich danach sehnen, neue Perspektiven im Bundeskanzleramt zu sehen, so glauben wir, dass es an der Zeit ist, zu prüfen, ob es nicht andere Kandidaten und Kandidatinnen gibt, die für Maintal neue Perspektiven haben. Es gibt sehr viel, was in den nächsten Jahren umzusetzen ist. Wir wollen, dass die Beschlüsse umgesetzt werden. Wir wollen aber nicht, dass unsere Beschlüsse über- oder uminterpretiert werden. Das haben wir in den letzten Jahren bei Hr. Sachtleber immer wieder erfahren müssen. Stichworte hier sind die Debatte um die Gärten im Außenbereich und den Neubau des Rathauses in Hochstadt. Dies sind Beispiele für unsere zentralen Kritikpunkte an der Arbeit des Stadtrates. Deshalb haben wir uns in den letzten Jahren zunehmend von ihm entfremdet. Das haben wir ihm auch gesagt, ohne dass wir das immer gleich in die Öffentlichkeit herausposaunt haben. Und deswegen ist es für uns konsequent, uns nach neuen Kandidaten umzuschauen.
Unsere Kritik haben wir nicht erst seit April, wo der Stadtrat – mit Recht – sich gegen einen Antrag gewendet hat, ein neues Hochhaus in Maintal zu bauen. Wir haben sie auch nicht erst, seitdem er einen Bebauungsplanentwurf für die Eichenheege ohne ausreichend Stellplätzen vorgelegt hat. So kurzfristig ändern wir unsere Meinung als Fraktion nicht. Und schon gar nicht erklären wir in der Öffentlichkeit erst das Eine und dann das glatte Gegenteil. So geht man mit einem Stadtrat nicht um, liebe CDU-Fraktion.
Unsere Anforderungen an die Stadtratswahl sind sehr klar. Wir wollen eine Ausschreibung, an der sich jeder Beteiligen kann, egal ob mit oder ohne Parteibuch, egal ob aus Maintal oder von Außerhalb. Wir wollen, dass jeder, der Interesse an dem Amt hat, dies auch mitteilen kann, ohne dass es gleich in der Zeitung oder in Facebook steht. Das hat etwas mit Persönlichkeitsschutz zu tun. Wir erwarten von den Kandidaten für die Stadtratsposition, dass sie sich dem Bewerbungsverfahren stellen und nicht einfach von einer Fraktion auf den Wahlzettel hieven lassen. Das hat etwas mit der Achtung der Stadtverordnetenversammlung und der Maintaler Bürgerschaft zu tun. Mit uns wird es kein Modell Ursula von der Leyen geben.
Wir verstehen das Amt des Stadtrates, wie alle Ämter im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung als politisches Amt. Wer in diesen Ämtern aktiv ist, besetzt diese politisch. Für uns ist der Stadtrat nicht – wie andere hier im Raum es schon einmal formuliert haben – erst dann politisch besetzt, wenn er von einem Parteipolitiker besetzt wird, am besten noch von einem Parteipolitiker mit dem eigenen Parteibuch, Herr Maier. Der Anspruch, das Amt mit eigenen Parteigängern zu besetzen ist legitim, aber das Amt so zu reduzieren, wie sie es getan haben, ist unangemessen.
Deshalb gehen wir auch nicht konform mit der im Hauptausschuss formulierten Position der WAM, das Amt des Stadtrates abzuschaffen, wenn es nicht durch Hr. Sachtleber weiter geführt wird. Dies ist genauso falsch, wie die Forderung, dass Amt dürfe nur von einem Parteipolitiker besetzt werden. Das Amt begründet sich aus seiner Aufgabe heraus und ist bei einer Stadt der Größe Maintals zwingend notwendig. Der Umfang der Tätigkeit des Stadtrates kann weder von der Bürgermeisterin noch von ehrenamtlichen Stadträten nebenher mit bewältigt werden. Wichtig ist, dass die Position des Stadtrates durch eine Wahl demokratisch besetzt wird. Genauso gilt aber auch, dass zwei hauptamtliche Stadträte nicht zwingend notwendig sind und damit ein zweiter Stadtrat zwingend nicht gewählt werden darf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Rahmen des Beschlussvorschlags zum Hessischen Plädoyer für ein solidarisches Zusammenleben wird festgehalten: „Widerspruch wird gezielt als realitätsfremd diffamiert.“ In den letzten Tagen habe ich das Gefühl, dass mittlerweile auch in Maintal auf der kommunalen Ebene ein Stil einkehrt, den ich schon mit Sorge auf der Bundesebene beobachte und der in die Richtung zielt, die Position des Gegenüber zu diffamieren. Wir sollten als Parteien und Fraktionen hier in Maintal, die wir alle für uns in Anspruch nehmen, demokratisch zu sein und auf der Grundlage unserer Verfassung stehen, diesen Weg nicht weiter gehen. Lassen Sie uns zum guten Weg der Maintaler Diskussionskultur zurückkehren, in der Sache konturiert und klar, im Umgang respektvoll und verbindlich.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag und dann um einen sauberen Prozess zur Besetzung der Stadtratsposition.
Vielen Dank