Ausweitung des eingeschränkten Regelbetriebs in den Kindertagesstätten – Überarbeitete Fassung

Die FDP-Fraktion beantragt, folgenden Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung am 08.06.2020 zu nehmen:

Ausweitung des eingeschränkten Regelbetriebs in den Kindertagesstätten

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

1. Die Stadtverordnetenversammlung unterstützt den vom Magistrat eingeschlagenen Weg zur schrittweisen Ausdehnung des eingeschränkten Regelbetriebs in den städtischen Kindertagesstätten. Dabei betont sie die Wichtigkeit, dass alle Vorschulkinder eine Restbetreuungszeit erhalten, die einen würdigen Abschied und einen geordneten Übergang in die Grundschule ermöglicht. Sie fordert den Magistrat auf, sich gegenüber dem Kreis als Aussichtsbehörde und dem Land als Verordnungsgeber dafür einzusetzen, dass spätestens nach dem Ende der Sommerferien alle Kinder unter Beachtung der dann noch erforderlichen Hygienevorschriften wieder in einem Regelbetrieb in den Maintaler Kindertagesstätten betreut werden können.

2. Zur Überbrückung der gegenwärtigen Beeinträchtigungen im Betrieb der Maintaler Kindertagesstätten befürwortet die Stadtverordnetenversammlung folgende zusätzliche Maßnahmen:

a. Der Einsatz zusätzlichen, auch fachfremden, jedoch aufgrund der beruflichen und/oder persönlichen Qualifikation zweifelsfrei geeigneten Personals zur Ergänzung der zur Verfügung stehenden Fachkräfte soll umfassend geprüft und soweit nach den Maßgaben des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration sowie des Jugendamts möglich, jedenfalls vorübergehender Bestandteil des Betreuungskonzepts werden.

b. Personen, von denen dem Magistrat bekannt ist, dass sie gegenwärtig oder in der Vergangenheit als Erzieher, Tagesmütter etc. tätig waren, sind unverzüglich aktiv hinsichtlich einer eventuellen Bereitschaft zur Mitwirkung an der Betreuung von Kindern anzusprechen und bei positiver Resonanz dem Jugendamt zum Zwecke der Prüfung ihrer Einsatzfähigkeit bekannt zu geben.

c. Sofern zur Ausweitung des Betreuungsangebotes erforderlich und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Verordnungen und gesetzlichen Vorschriften sowie der Hygieneempfehlungen zum Schutz von Kindern und Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen während der SARS-CoV-2-Pandemie möglich, wird auch die Geeignetheit von außerhalb der Kitas liegenden Räumlichkeiten zur vorübergehenden Unterbringung der zu betreuenden Kinder geprüft.

d. Die Freien Träger in der Stadt sollen eng in die Planung der Zusatzmaßnahmen zur Wiederherstellung des Regelbetriebs einbezogen werden.

3. Die Stadtverordnetenversammlung unterstützt den Ansatz des Magistrates, Härtefallregelungen zur Deckung des Betreuungsbedarfs während der anstehenden Sommerferien, der dadurch entstanden ist, bzw. noch entsteht, dass die Eltern aufgrund der coronabedingten Schließung ihren Jahresurlaub bereits aufgebraucht haben oder bis zu den Sommerferien aufgebraucht haben werden, zu treffen. Diese sollen – soweit erforderlich, personell darstellbar und unter sämtlichen zu berücksichtigenden Gesichtspunkten möglich – in einem erweiterten Betreuungsangebot während der Hessischen Sommerferien münden.

4. Der Magistrat wird beauftragt, gegenüber der Hessischen Landesregierung eine Übernahme der Kosten für die regelmäßige und zeitlich zweckmäßige Taktung von Tests des für die Kinderbetreuung einzusetzenden Personals auf eine Covid19-Infektion einzufordern. Die Bürgermeister der Kommunen und der Landrat des Main-Kinzig-Kreises werden seitens des Magistrates aufgefordert, sich dieser Forderung anzuschließen.

Begründung:

Die Schließung der Kitas in den vergangenen Wochen und Monaten war notwendig, um die Verbreitungsgeschwindigkeit des Virus zu verlangsamen und damit dazu beizutragen, die befürchtete Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehens konnten zwischenzeitlich weitreichende Lockerungen verantwortet und beschlossen werden. Der von Sozialminister Klose für die Zeit ab dem 02. Juni angekündigte „eingeschränkte Regelbetrieb“ mit verlässlichen Betreuungszeiten sieht allerdings bis auf Weiteres lediglich eine Ausweitung der Notbetreuung für die Kinder von Angehörigen aus systemrelevanten Berufen und einige wenige weitere Gruppen vor. Dies, obwohl auch der zumindest eingeschränkte Besuch der allermeisten anderen Kinder bei Beachtung und Umsetzung entsprechender Schutzmaßnahmen inzwischen möglich wäre, auch, weil nach zwischenzeitlichen Erkenntnissen der medizinischen Experten Kinder nur unterdurchschnittlich an Covid19 erkranken, bzw. die Krankheit übertragen. In Maintal können daher bisher nur 50% der zu betreuenden Kinder in die Kitas zurückkehren. Der Magistrat beabsichtigt in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde (Main-Kinzig-Kreis), die Betreuungsquote sukzessive über 70% auf 100% (im Sommerferienmodus) auszuweiten. Dies ist ein weiterer wichtiger positiver Schritt.

Anstatt jedoch gemeinsam mit den Trägern der Kitas und den Kommunen einen verlässlichen schrittweisen Plan zur Wiederaufnahme des Regelbetriebs vorzulegen, der über die ausgesprochenen Hygieneempfehlungen zum Schutz von Kindern und Beschäftigten in Kindertagesseinrichtungen hinaus auch Leitlinien für die Anpassung pädagogischer Konzepte hätte vorsehen müssen, wird der Großteil der Eltern und Kinder alleine gelassen und den kommunalen Trägern der Kitaeinrichtungen unter dem Deckmantel der Gewährung größtmöglicher Flexibilität die Verantwortung für die weitere Ausgestaltung des Betreuungsangebots unter Wahrung des Infektionsschutzes zugeschoben.

Klar ist, dass der Rechtsanspruch der Eltern auf Betreuung damit auch für die Zeit ab dem 02.06.2020 nicht umfassend gewährleistet werden kann, weil die Betreuung im eingeschränkten Regelbetrieb weiterhin auf den Grundlagen des Infektionsschutzgesetzes erfolgt. Sich damit abzufinden, dass nur ein Teil der Kinder seit dem 02.06.2020 zusätzlich die Kitas der Stadt besuchen darf, hieße jedoch, hinzunehmen, dass der Großteil unserer Familien im Stich gelassen wird, obwohl Planungssicherheit für alle Familien im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Grundvoraussetzung für die Vermeidung weitreichender gesellschaftlicher, aber auch wirtschaftlicher Schäden und damit dringend erforderlich ist. Es hieße zudem hinzunehmen, dass die Schließungen auf Dauer zu erheblichen Nachteilen für die Kinder, die die Kitas nicht besuchen können, führen können und in vielen Fällen werden. Deshalb sind die laufenden Bemühungen des Magistrates zur Verbesserung der Situation zu begrüßen und zu unterstützen (vgl. Ziffer 1 des Antrags). Die Stadtverordnetenversammlung sollte dazu dem Magistrat dieses notwendige Signal geben und ihm ermöglichen, mit ihrer Unterstützung noch weitergehende Maßnahmen zu ergreifen (vgl. Ziffer 2 des Antrags).

Kinder berufstätiger Eltern, die keinem der in der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus definierten Beruf nachgehen (systemrelevante Berufe), können die Kindertagesstätten seit dem 16.03.2020 nicht mehr besuchen. Aufgrund der Tatsache, dass in 2/3 aller Familien mit unter 14-jährigen Kindern beide Elternteile berufstätig sind, ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Eltern ihren für die coronabedingte Kinderbetreuung erforderlichen Jahresurlaub mittlerweile aufgebraucht haben oder dies in Kürze geschehen wird. Hierzu müssen Härtefallregelungen gefunden werden (vgl. Ziffer 3 des Antrags).

Aber auch viele Familien, in denen neben der Kinderbetreuung Homeoffice praktiziert wird, sind inzwischen am Ende ihrer Kräfte angelangt. Die Organisation von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit ist in vielen Fällen schlichtweg nicht länger aufrecht zu erhalten. Und auch die Kinder, für deren gesunde Entwicklung der Besuch der Kitas nicht nur als Betreuungs- sondern auch als Bildungseinrichtung von größter Wichtigkeit ist, leiden inzwischen massiv darunter, dass ihnen der Alltag vollständig abhandengekommen ist.

Allen Maintaler Kindern schrittweise den Besuch der städtischen Kitas zu ermöglichen, gibt den Eltern die erforderliche Planungssicherheit, um im angepassten Umfang ihrer Arbeit nachgehen zu können und bringt die Kinder zumindest in absehbarer Zeit zurück in die für die Entwicklung so wichtige Bildungseinrichtung Kindertagesstätte, die eine qualifizierte und hochwertige Betreuung gewährleistet und so einen ganz wesentlichen Teil dazu beiträgt, dass unsere Kinder ein Stück Normalität in dieser für alle schwierigen Zeit zurückerhalten. Die systematische Ungleichbehandlung der Kinder unter dem Gesichtspunkt der Systemrelevanz der beruflichen Tätigkeit der Eltern darf keinen Tag länger erfolgen als dies unter Berücksichtigung der Infektionsentwicklung geboten ist. Darüber hinaus ist jedes Kind gleich viel wert und darf vor dem Gebot der zu gewährenden Chancengleichheit nicht nachteilig behandelt werden.

So erforderlich die den Kitabesuch unterbindenden Maßnahmen bislang waren, so wenig hinnehmbar ist es vor dem Hintergrund der Notsituationen, in denen sich viele Familien inzwischen befinden, diese angesichts der gegenwärtigen Entwicklung des Infektionsgeschehens länger in dem bisherigen Umfang aufrecht zu erhalten. Die Stadt Maintal leistet mit ihrer Ausweitung der Betreuung in den Kindertagesstätten einen wesentlichen, gesellschaftlich wie wirtschaftlich relevanten Beitrag dazu, unsere Familien mit möglichst wenig Schäden durch die voraussichtlich noch länger andauernde Zeit der Pandemie zu begleiten.

Begründung der Dringlichkeit der Angelegenheit:

Der Übergang von der Notbetreuung zum „eingeschränkten Regelbetrieb“ führt im Hinblick auf die weiterhin nur eingeschränkten Personengruppen der zum Besuch der Kita berechtigten Kinder dazu, dass ohne steuernde Maßnahmen der Stadt als Trägerin freie Plätze für einen nicht vorherzusagenden Zeitraum weiterhin nur einer beschränkten Zahl an Kindern zur Verfügung steht. Da die Entwicklung in der Krise sehr schnelllebig ist, muss daher auch kurzfristig reagiert werden. Deshalb muss die Stadtverordnetenversammlung sich so früh wie möglich aber auch mit dem aktuellsten Kenntnisstand mit der Situation befassen. Daher ist die Einbringung des Antrags unter Wahrung der Fristen nicht möglich gewesen, eine Beratung dennoch geboten.

Aus der inhaltlich Begründung ergibt sich, dass das öffentliche Wohl einen Aufschub der Entscheidung über den Antrag nicht duldet, sondern unverzüglich eine Positionierung der Stadtverordnetenversammlung erforderlich ist. Die Sicherstellung der Betreuung der Kinder ist kein reiner administrativer Akt des Magistrates sondern eine Angelegenheit von eminenter (gesellschafts-)politischer Bedeutung, zu dem sich auch die Stadtverordnetenversammlung als Ort der politischen Debatte verhalten muss.